Was macht eine erfolgreiche technische Konferenz aus?

In diesem ganz nicht-technischen Artikel erkläre ich – oder eher, denke ich laut nach – was eine technische Konferenz als erfolgreich ansehen lässt

Nach meiner Asien-Tour in diesem Sommer ist nun dieser Artikel an der Reihe.

Zum Zeitpunkt dieses Artikels (09-2016) habe ich auf über 50 technischen Konferenzen weltweit (Europa, Naher Osten, Asien, Nordamerika) präsentiert. Von kleinen Konferenzen mit etwa 150 Teilnehmern bis zu großen Konferenzen mit um die 5000 Teilnehmern. Dabei entstanden viele gute Kontakte mit vielen der Organisatoren. Erst vor kurzem wurde ich wieder von einem guten Freund und Organisator gefragt, was ich von ihrer Konferenz hielte (eine Konferenz wird ja nie von einer einzelnen Person durchgeführt) und was noch verbessert werden könnte.

Obwohl ich eine Antwort gab, ist mir klar, dass da mehr dahintersteckt, und ich versprach, noch ein bisschen weiter darüber nachzudenken. So entschied ich mich, einen Artikel daraus zu machen, und vielleicht ist er auch für einige andere Organisatoren und Teilnehmer interessant.

Hinweis: dieser Artikel beruht auf meiner eigenen Erfahrung und im Gegensatz zu einem technischen Artikel, wird es kaum eine Version der Wahrheit geben.

Was macht also eine erfolgreiche Konferenz aus?

Exhibition at PASS Summit USA 2013

“It is big”

Die wahrscheinlich gängigste Antwort wird sein:

1)

Sie ist groß“ oder gar „die größte“ Konferenz – sowohl von der Zahl der Teilnehmer her als auch von den angebotenen Sessions, Tracks und Themen.

Ein gutes Beispiel wäre der PASS Summit in den USA: die weltweit größte SQL-Server-Konferenz. Aber außerhalb der reinen SQL-Server-Welt gibt es natürlich noch viel größere Events…

Attendees Party at PASS Summit 2013 in Charlotte NASCAR Hall of Fame

“it has more attendees than last year.”

2)

Fast keine Konferenz fängt “groß” an, geschweige denn als „die größte“, so dass es am Anfang, wenn eine Konferenz gerade etabliert wird, oft heißen wird: „es gibt mehr Teilnehmer als letztes Jahr.“ – Das ist das erste und offensichtlichste Zeichen einer erfolgreichen Entwicklung.

– Nebenbemerkung: kann eine Entwicklung positiv sein ohne einen Anstieg an Teilnehmern? – Ja, kann sie:

Zum Beispiel kann die gleiche Zahl an Teilnehmern hinsichtlich Job-Hintergrund anders zusammengesetzt sein und vielleicht besser zum Thema der Konferenz passen und damit auch zufriedener als die Teilnehmer vom Vorjahr sein, und die Konferenz hoffentlich weiterempfehlen, so dass die nächste Konferenz schließlich noch mehr Teilnehmer hat.

Thomas La Rock, the PASS President at that time and Oliver Engels, PASS Chapter Leader at that time of German PASS at SQL Konferenz 2014 – the 10th anniversary of PASS Germany

“Your sponsors are your partners.”

Auch darf man nicht die Sponsoren vergessen, welche stark von der richtigen Mischung an Leuten abhängig sind – und nicht von den reinen Zahlen.

Die richtigen Sponsoren zu haben (indem man sie glücklich macht) gibt einem mehr Flexibilität beim ganzen Aufbau, von der Location über Catering, Sprecher-Einladungen bis hin zu „Goodies“. Wenn ihr gerade bei der Vorbereitung einer Konferenz seid, während ihr dies lest, behaltet das im Auge.

Eure Sponsoren sind Eure Partner.

Sarpedon Quality Lab® Sponsor booth at SQL Konferenz 2016

“community conferences are often very happy with a break even.”

3)

Es kann auch heißen: “Sie wirft einen guten Gewinn ab. Oftmals wird es tatsächlich heißen: „Sie erzielt Gewinn.“ – Mehr als einen Verlust. Und das passiert häufiger als man meinen mag.

Warum würde eine Konferenz Verluste machen und trotzdem wiederholt werden, könnte man sich fragen?

Tatsächlich sind Community Konferenzen oft sehr zufrieden mit einer runden Null, da das Hauptinteresse der Community und nicht dem Profit gilt.

Bei kommerziellen Konferenzen mögen die Gründe etwas anders sein.

Das führt mich zu den anderen Optionen:

The MCMs at the PASS Summit 2014

“famousness leads to more Publicity”

4)

Die Konferenz mag zwar keinen Gewinn erzielen, aber, einfach ausgedrückt, „Bekanntheit“. Bekanntheit, die zu mehr Öffentlichkeit führt. Und das allein kann die Anstrengung wert sein sowohl für eine kommerzielle als auch eine nichtkommerziell geführte Konferenz.

Welche Art von Bekanntheit könnte das sein, außer „die größte“ zu sein?

Eine Konferenz kann bekannt sein für:

  • Die beste Party“ – nehmt die ungeschlagenen SQLBits in Großbritannien mit seinen immer wechselnden Themen-Partys.
  • Die cool(st)e Location“Einige Beispiele wären: SQL Saturday Cambridge, SQL Saturday Malaysia/Kuala Lumpur – in den berühmten Petronas-Towers, SQL Saturday Singapore – mit Ausblick auf die berühmte Marina Bay – und viele andere. Oh, und SQLBits wiederum wechselt jedes Jahr die Gastgeberstadt und macht es sich zum Prinzip, seinen Teilnehmern und Sprechern die Vielfalt des Landes zu zeigen.
  • Wenn sie in einer bekannten Gastgeberstadt stattfindet, hilft es sehr – solange man eine Location auswählt, die zumindest typisch oder repräsentativ für die Stadt ist.
  • Die bekanntesten Sprecher“ – hier ist die einfache Regel (normalerweise): je größer die Konferenz, desto attraktiver für weltbekannte Sprecher. Kommerziell geführte Konferenzen können hierbei allerdings einen Vorteil gegenüber ähnlich großen Konferenzen haben, da sie den Sprechern ein Honorar bieten können. Wenn ihr unsicher seid, könnt ihr zunächst nach Sprechern Ausschau halten, die mit dem MVP Award ausgezeichnet worden sind (meistens ein Zeichen von viel öffentlicher Interaktion, also genau das, was eine Konferenz ausmacht) und MCM oder MCSM zertifizierten Profis (ein gutes Zeichen für praktische Erfahrung).
  • Große/größte Auswahl an Sessions“ – je größer das Publikum, das man anziehen möchte, je größer sollte die Auswahl an Themen sein. Und heutzutage ist sowieso alles irgendwie miteinander verbunden, so dass sogar ein Administrator an bestimmten BI oder selbst Data Science-Themen interessiert sein kann. Neben den Themen ist auch die Könnerstufe der Sessions wichtig für ein größeres Publikum – von der Anfängerstufe bis zur Fortgeschrittenen-Stufe.
  • Coole Preise und Goodies“Ich persönlich habe es allerdings noch nie als speziell beworben gesehen. Inwieweit dies die Teilnehmer beeinflusst wiederzukommen, weiß ich nicht.
  • – Bei den meisten Konferenzen haben die Teilnehmer die Gelegenheit, einige Goodies einzusammeln oder sogar wertvolle Preise zu gewinnen.
  • Das hier ist mehr Sprecher-zentriert: eine Konferenz kann unter Sprechern als „ein toller Gastgeber“ bekannt sein– indem ihnen ein spezielles Programm bietet. Zum Beispiel ist die SQLSaturday Portugal (übrigens die erste SQLSaturday außerhalb der USA) für seine ausgezeichnete Mannschaft an ehrenamtlichen Helfern bekannt, die uns sogar eine besondere Tour zu einigen berühmten Orten in Lissabon gegeben hatten – eine „private Sightseeing-Tour“. Bei SQL Gulf wurden wir zu einem traditionellen saudi-arabischen Abendessen eingeladen – vor der von ihnen selbst organisierten Sightseeing-Tour. Andere führen einen in traditionelle Restaurants und so weiter und so fort. In diesem Bereich kann man sehr kreativ sein. Aber die Lokalität hilft auf jeden Fall.
  • „Programmierer und sogar Manager von Microsoft/anderem Anbieter vor Ort haben“. Dieser etwas umständliche Punkt bezieht sich auf den zusätzlichen Wert, den eine Konferenz schaffen kann, wenn die tatsächlichen Programmierer, Programmmanager etc. der angezielten Software auf der Konferenz mit dabei sind. Für die meisten Teilnehmer ist dies die einzige Gelegenheit, die Leute hinter dem Produkt überhaupt je zu treffen.

Der PASS Summit in den USA ist dafür bekannt. Die Nähe zu Redmond macht dies möglich. Für andere Konferenzen ist es viel schwieriger, aber dennoch kann man ab und an einige berühmte Leute von den Headquartern sehen. Die Größe der Konferenz allein ist zwar hilfreich, doch es hilft auf jeden Fall, als Organisator eine starke Verbindung zu Microsoft zu haben.

„Space Party“ at SQL Bits 2016 – check out the dancing Darth Vader in the background 😀

Video shooting at SQL Konferenz 2015 with Joachim Hammer, Head of the Security-Team for relational Engines from Redmond (right), Tobiasz Koprowski from UK (middle) and myself – Video available at Channel 9: “Let’s Talk SQL Server 2016 Security

“volunteers are key”

5)

Und es gibt trotzdem noch etwas. Es ist etwas, das sich nicht in Zahlen messen oder einfachen Worten ausdrücken lässt: Ich nenne es mal „Atmosphäre“ im Versuch, ihm einen einfachen, anschaulichen Namen zu geben. Es besteht aus der bestimmten Stimmung, Atmosphäre, die man auf der Konferenz spürt. Wie die Leute miteinander interagieren, wie die Teilnehmer die Sprecher ansprechen und umgekehrt. Es ist schwer zu beschreiben, aber wenn man einmal auf mehreren Konferenzen gewesen ist, wird man den Unterschied spüren.

Demnach ist dies auch der Aspekt, der am wenigstens vom Organisator beeinflusst werden kann. Das ist jedenfalls mein Empfinden. Nach meiner Beobachtung ist die relative Zahl an ehrenamtlichen Helfern ein Indiz für eine äußerst positive Atmosphäre. Also sollte ich vielleicht sagen: „Ehrenamtliche Helfer sind wesentlich“ für eine erfolgreiche Konferenz.

Eine ambitionierte, positiv-denkende Mannschaft, die ihr Herz in die Arbeit für die Konferenz steckt, kann einen großen Unterschied machen und der Konferenz den richtigen Impuls hin zu einer erfolgreichen Konferenz geben, zu der die Teilnehmer und Sprecher zurückkommen wollen.

Und bis jemand beweist, dass ich falsch liege, lasse ich es als meine These stehen 🙂

-Wie findet man ehrenamtliche Helfer? Nun, hoffentlich finden sie Euch. 😉

Neben euren örtlichen Nutzergruppen (naheliegend) kann es hilfreich sein, mit der IT-Fakultät eurer örtlichen Universität zu sprechen.

Kleine Randnotiz: Als Studienabbrecher (Japanologie & Anglistik für wen es interessiert – Informatik taugte inhaltlich so rein gar nichts damals…) hätte ich nie gedacht, jemals im Auditorium einer Hochschule Vorträge zu halten. Und genau das habe ich dann vor einigen Jahren auf dem SQLSaturday Rheinland/Germany in der Hochschule Rhein-Sieg und kürzlich, im Rahmen von SQLGulf sogar in der Alfaisal Universität in Riad.

Leider ist das schon alles, was ich zum Thema Freiwillige finden sagen kann. Während meiner Reisen habe ich festgestellt, dass es große Unterschiede zwischen Ländern geben kann, was ehrenamtliche Helfer angeht. Warum das so ist, ist schwer zu sagen und sicherlich eine komplexe Materie. Ich fand die ehrenamtlichen Helfer auf der SQL Server Geeks-Konferenz in Indien und auch die in Portugal einfach umwerfend, nicht nur von der reinen Zahl her, sondern auch von der positiven Energie. Wenn Sie es einmal dahin schaffen, dann werden Sie wissen, was ich meine.

Attendees, Speakers, organizers and volunteers at SQL Server Geeks Conference 2016 in Bangalore, India

Beachtet, dass ich hier nicht den Punkt, „die beste Konferenz“ zu sein, aufführe. Da es so viele Möglichkeiten gibt, eine tolle Konferenz zu halten, scheint es eher unmöglich, alles auf einmal zu vollbringen.

Speakers and Organizers at SQL Gulf 2016 in Riadh, Saudi Arabia

“the most precious thing we all have to offer is time”

Und schließlich: Man mag fragen: “Wonach suche ich als Sprecher?

Jetzt kann ich nicht bestreiten, dass auf Konferenzen zu sein auch „Arbeit“ ist. Obwohl ich meine Arbeit liebe und ich mich aufs Präsentieren freue, muss ich es auch aus geschäftlichen Aspekten rechtfertigen. Zum Glück kann ich mir, als Inhaber von Sarpedon Quality Lab, einige Ausnahmen und eine entspannte Einstellung gegenüber Konferenz-Teilnahmen erlauben.

„Man sollte seine Arbeit schon lieben, also warum nicht, wenigstens hin und wieder, einfach aus Spaß daran arbeiten…“

Was mir über die Jahre klargeworden ist, ist, dass ich einfach gern auf einigen Konferenzen bin, weil ich die Community: die Leute um mich herum, die Organisatoren, ehrenamtliche Helfer, Co-Sprecher und Teilnehmer dort sehr mag.

Außerdem gibt es wenig, das einem solch positive Energie und Schub gibt wie ein aktiv interessiertes Publikum.

Daher wäre die Antwort, welche Konferenzen ich vorziehe: diejenigen mit der besten Atmosphäre und der besten Interaktivität mit Teilnehmern. Denn Zeit ist das wertvollste, das wir alle anzubieten haben. Und eine Konferenz ist eine tolle Gelegenheit, sie mit vielen Leuten mit ähnlichen Interessen zu teilen.

View from the Microsoft office Singapore, the Location of SQLSaturday Singapore 2016

Aus Sicht eines Teilnehmers sind vermutlich Dinge wie „viele Sessions zur Auswahl, „bekannte Top Experten treffen können“, „mit Sprechern in Kontakt kommen und Antworten auf technische Fragen zu erhalten“, „sich mit anderen Profis zu vernetzen“ und „mit interessanten Firmen (potentiellen neuen Arbeitgebern) in Kontakt zu kommen“ unter den wichtigsten Gründen sein.

View from the Microsoft office Kuala Lumpur, the Location of SQLSaturday Malaysia 2015

Disclaimer: Wenn ich Eure Konferenz nicht erwähnt habe, fasst es nicht negativ auf. Ich bin einfach auf zu vielen gewesen (über 50 Konferenzen in mehr als 12 Ländern) und andererseits sicherlich nicht genügend, um eine wissenschaftliche Aussage fällen zu können. Ich habe nur einige Beispiele für bestimmte Kriterien zu geben versucht und mache hier keine Gesamt-„Bewertung von Konferenzen“.

Alfaisal University in Riadh, the Location of SQL Gulf 2016

Frage an meine Leser:

Was denkst DU?

Warum gehst Du auf Konferenzen, warum sprichst Du auf Konferenzen oder warum organisierst Du Konferenzen?

Ich bin neugierig auf Eure Antworten, die für jeden leicht unterschiedlich sein mögen.

Attendees at German SQL Server Master-Class “High Availability” 2015

Cu next conference

Andreas

The MCMs at the PASS Summit 2015

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